Home Office – Notfalllösung oder Zukunft?

Durch das Coronavirus (COVID-19) wurde das alltägliche Leben aller auf den Kopf gestellt. Wir mussten uns auf einen neuen Lebensstil einstellen und das gefühlt von einem Tag auf den anderen. Durch diesen Einschnitt in unser Leben musste das übliche Konzept der Arbeit einer anderen Methode weichen, dem Home-Office.

Fast alle Berufszweige stellte diese Umstellung vor große Herausforderungen, insbesondere für Archivar: innen. Denn in unseren Köpfen ist der Gedanke unseren Berufsstand nach Hause zu verlagern eine unmögliche Vorstellung gewesen. Allein aus praktischer, rechtlicher und organisatorischer Sicht, schien dies eine nicht zu bewältigende Herkulesaufgabe.

Nun waren wir jedoch gezwungen genau diese Aufgabe anzugehen.  

Ich möchte hier drei Beispiele anführen, wie Archive in Deutschland diese Aufgabe bewältigt haben. Einmal das Archiv der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (ABBF) in Berlin, das Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland (AEKR) und das Landesarchiv Sachsen-Anhalt (LASA) in Magdeburg.

Das ABBF stellte sogenannte „Arbeitspakete“ zusammen. Physischer und auch digitaler Natur. Die physischen Arbeitspakete, bestehend aus dem jeweils zu erschließenden Archivgut, Verpackungsmaterial (in ausreichender Menge für rund zwei Wochen), Arbeitsmaterialien (Spatel, Falzbein und ausreichend Bleistifte) sowie kontextualisierender Literatur, wurden bei Sonderfahrten an die Mitarbeiter: innen ausgeliefert. In einigen Fällen wurden die noch fehlende technische notwendige Hardware, in Form von Monitoren oder Tastaturen mitgeliefert.

Homeoffice für Archivar*innen: eine neue Erfahrung für die Mitarbeiter*innen der BFF. Quelle: dipfblog.com

Sie nutzten die gewonnene Zeit, Dinge voranzutreiben die bisher immer etwas nach hinten verschoben wurden. Hierzu gehörten beispielsweise, die Bereinigung von Datensätzen in der Archivdatenbank und der eigenen wie auch der gemeinsam genutzten elektronischen Ablagen, die Einbindung von Digitalisaten, die Transkriptionen von kleineren Briefwechseln oder Reisetagebüchern, als Vorbereitung für kommentierte Editionen und die Fertigstellung der notwendigen Vorbereitungen für die technische Auslieferung der Bestands- und Erschließungsdaten an das Archivportal-D.

Das AEKR ging einen ähnlichen Weg. Allerdings wurden hier die kompletten Bestände direkt mit nach Hause genommen und bearbeitet. Eines der Hauptaspekte des Archivs ist die Fotodigitalisierung. Diese konnte ohne Probleme mit dem häuslichen Scanner fortgeführt werden.

Tag 1 im Homeoffice – Quelle blog.archiv.ekir

Meine persönlichen Erfahrungen als Freiwilliger am Landesarchiv Sachsen-Anhalt (LASA) stellten sich folgendermaßen dar: Das Home-Office war sehr entspannt, da ich rechtlich nicht befugt war, im Home-Office zu arbeiten. Es waren ruhige, aber auch träge Wochen, ohne irgendeine Aufgabe oder Kontakt zum Archiv. Nachdem ich wieder in das Archiv zurückkehren konnte, interessierte es mich natürlich wie die Kollegen zu Hause den Alltag meisterten. Das LASA ging zumeist den Weg der reinen digitalen Arbeit. Das bedeutete E-Mails beantworten, Einträge in der Datenbank vornehmen und kontrollieren, Weiterbildung durch Literatur und Kurse, Vorbereitung von Ausstellungen und Freischaltungen etc. Dies wurde organisiert und überwacht durch die Hauseigene IT-Abteilung. Es wurden den Kollegen Laptops mit gesondertem Zugriff ausgehändigt, wo sie diese Aufgaben erledigten konnten. Durch meine zahlreichen Besuche in anderen Archiven, kann ich stolz behaupten, dass das LASA eines der modernsten Archive in Ostdeutschland, wenn nicht sogar in Deutschland ist. Zumindest was den Spagat zwischen Digitalisierung und Analoges Arbeiten betrifft. Dies ist aber auch nur möglich, durch die große Belegschaft und die Bandbreite an Professionen.

Alle Archive haben zusätzlich noch Telefon- und Videokonferenzen geführt.

Nun stellt sich die Frage, ob das Arbeiten im Home-Office als Archivar eine Zukunft hat oder ob es nur eine Notlösung war?

Ich würde behaupten, dass je nach Sparte, Finanzkraft und Belegschaft jedes Archiv einen eigenen Weg gehen wird. Es wird Archive geben, die zum Status Quo vor dem Lockdown zurückkehren und andere welche den Schritt zum Spagat zwischen Digitaler Zukunft und althergebrachter analoger Arbeit wagen. Dies wird wahrscheinlich durch zukünftige Generationen an Archivaren: innen geschehen. Es besteht die Möglichkeit einer reinen digitalen Arbeit. Durch den stetigen Zuwachs an Digitalisaten müssen Wege gegangen werden, wo das rein analoge Archiv zurückbleiben würde. Durch Applikationen wie bitfarm-Archiv Document Management System oder Sharepoint wird die Arbeit nicht mehr an ein Gebäude oder Ort gebunden.

Ist das Home-Office dadurch die Zukunft? Arbeit egal, wo du bist? Definitiv. Wie bei jedem Fortschritt wird es Verluste geben. Nicht jedes Archiv wird diesen Weg überleben oder einschlagen. Aber eines steht fest: rein digitale Archive werden bald überwiegen.

Befragung auf Basis aller befugten Erwerbstätigten Quelle: Bitkom Research 2020

Ich habe hier die unterschiedlichen Artikel und Seiten der Archive und Applikationen verlinkt:

ABBF: https://dipfblog.com/2020/05/06/wie-arbeitet-das-bbf-archiv-eigentlich-in-corona-zeiten/

AEKR: https://blog.archiv.ekir.de/2020/03/23/aus-dem-homeoffice-eines-archivars/

LASA: https://landesarchiv.sachsen-anhalt.de/startseite/

Bitfarm-Archiv: https://www.bitfarm-archiv.com/

Sharepoint: https://www.microsoft.com/de-de/microsoft-365/sharepoint/collaboration

Wie ist ihre Meinung? Ist diese Entwicklung absehbar? Wie sind die Erfahrungen im Home-Office? Jogginghose oder Vollmontur? Lassen sie uns diskutieren!

Falls sie weiteres Interesse haben, bezüglich rein digitaler Archive und deren Entstehung aus analogen Archiven, empfehle ich ihnen dazu meinen Blog: https://archivesfuturelife.wordpress.com/2021/08/15/example-post-2/

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